Beiträge


Das Leitungsteam behält sich vor, darüber zu entscheiden, welche Beiträge hier veröffentlicht werden. Voraussetzung ist, dass sie von grundsätzlicher Bedeutung sind und unser Anliegen vertreten

von Simone Brietzke 10 Mai, 2024
Die Autorin befasst sich mit dem Phänomen des Bösen aus evolutionistischer und bibelkritischer Sicht und zieht Konsequenzen für die Sühnopfertheologie. Der Text richtet sich an Menschen, für die die Bibel die Grundlage ihres Glaubens ist, die aber auch von naturwissenschaftlicher Perspektive her gewisse Glaubensinhalte neu verstehen möchten. Er richtet sich primär an theologische Laien.
von Markus Beile 10 Apr., 2024
Die Entfremdung der Menschen von den christlichen Glaubenswahrheiten 
von Kurt Bangert 08 Apr., 2024
In einer Replik zu Claus Petersens Beitrag erläutert Kurt Bangert hier Einzelheiten seines Reich-Gottes-Verständnisses.
von Claus Petersen 04 Apr., 2024
Anmerkungen zum Beitrag „Die Aufgaben der Kirche“ von Kurt Bangert, insbesondere zu seinen Ausführungen über die Botschaft und Praxis Jesu
von GfGr u. dbv 03 Apr., 2024
Anstoß zur Erneuerung des christlichen Glaubens in Bildern, Sprache und Inhalten. Diskussionspapier von Vorstandsmitgliedern der Gesellschaft für eine Glaubensreform (GfGR) und des Dietrich-Bonhoeffer-Vereins (dbv)
von Joachim Kunstmann 19 März, 2024
Über Misere und Perspektiven kirchlicher Arbeit
von Kurt Bangert 14 März, 2024
Ein Grund, weshalb die Kirche in der Krise steckt, könnte der sein, dass die Kirche den ihr von Gott zugedachten Aufgaben nicht in vollem Umfang gerecht geworden ist. Es ist gut, einen selbstkritischen Blick auf die Kirche zu werfen und grundsätzlich nach den Aufgaben der Kirche zu fragen. In diesem Beitrag beschreibt Kurt Bangert die Aufgaben der Kirche anhand von Verkündigung (martyria), Dienst (diakonia), Gemeinchaft (koinonia) und gottesdienstliche Rituale (Liturgia) . Die Aufgaben der Kirche Martyria, Diakonia, Koinonia und Liturgia // von Kurt Bangert In einer rasant sich wandelnden Welt verändert sich auch die Kirche, verändert sich auch das Verhältnis der Kirche zu den Menschen. In den letzten Jahren haben die beiden großen Kirchen in Deutschland dramatische Kirchenaustritte hinnehmen müssen. Rund 900.000 Christen sind innerhalb eines einzigen Jahres (2022) aus den beiden großen Kirchen ausgetreten. Die Corona-Pandemie führte zudem dazu, dass der Kirchenbesuch erheblich eingeschränkt wurde. Und mancher regelmäßige Kirchenbesucher hat sich gefragt, was er denn eigentlich vermisst oder verpasst, wenn er nicht mehr die Kirche besucht. Die zunehmende Kirchenferne vieler Menschen geht auch einher mit einem dramatischen Glaubensverlust, der sich zwar vor allem auf den Gottesglauben bezieht, aber auch solche traditionellen Dogmen wie die Trinitätslehre, die Erlösungsbotschaft oder die Gottessohnschaft Christi betrifft. Viele Bürger (und zahlreiche Kirchenmitglieder) können mit diesen dogmatischen Begriffen immer weniger anfangen, sodass sich immer häufiger auch die Frage nach dem raison d’être der Kirche, also nach ihrer Existenz-berechtigung sowie nach ihrem Auftrag stellt. Und die Frage nach dem Auftrag der Kirche(n) ist Gegenstand dieses Aufsatzes. Das Wort „Kirche“ ist die deutsche Entsprechung für das griechische ekklesía (= lat. ecclesia ), was so viel wie „die Herausgerufene“ bedeutet. Die Christen verstanden sich von Anfang an als aus der Welt Herausgerufene, die sich in die Nachfolge Jesu begeben wollten. Mit ekklesía war meist die örtliche Gemeindeversammlung gemeint. Mit „Kirche“ kann heute sowohl die Einzelgemeinde als auch die Gesamt-Kirche gemeint sein. Gelegentlich wird das deutsche Wort „Kirche“ etymologisch auch von dem griechischen kyriakón (κυριακόν) abgeleitet, was so viel wie „das Haus des Herrn“ bedeutet und sich von kyrios , der „Herr“, herleitet. [1] Mit diesem „Herrn“ ist freilich Jesus Christus, der Herr der Kirche, gemeint. Die Kirche leitet ihre Existenzberechtigung somit vom Auftrag ihres Herrn Jesus Christus ab, der – gemäß dem Evangelium des Matthäus – seinen Jüngern befahl: „Gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch geboten habe.“ (Mt 28,19 f.) Wenngleich nicht strikt nachzuweisen ist, ob dieser Bibelvers auch wirklich von Jesus stammt, bezieht die Kirche ihren Auftrag doch von ihrem Herrn Jesus, auch wenn er selbst keine Kirche ins Leben gerufen oder eine andere religiöse Organisation gegründet hat. Dennoch beruft sich die Kirche – und das mit Recht! – auf eben diesen Jesus. Die kirchliche Tradition kennt drei Grundzüge oder Grunddienste der kirchlichen Beauftragung: das Zeugnis ( martyría ), die Liturgie ( leiturgía ) und die Diakonie ( diakonía ). Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wird katholischerseits zu diesem Dreiklang noch die Gemeinschaft ( koinonía ) als vierte Aufgabe hinzugezählt. Seitens der Evangelischen Kirche wird man diese vier Grunddienste ebenfalls als Aufgaben der Kirche veranschlagen dürfen. Aber wie sind sie inhaltlich zu füllen? Nachfolgend werde ich die vier Grunddienste in der Reihenfolge Martyria, Diakonia, Koinonia und Liturgia behandeln. Diese Reihenfolge stellt für mich zugleich eine wichtige Priorisierung dar. Martyria Das griechische Wort martyría liegt dem Wort Martyrium zugrunde, womit gemeinhin die Bereitschaft gemeint ist, für seinen Glauben das ultimative Opfer zu bringen, nämlich notfalls zu sterben. Das Wort bedeutet aber schlicht „Zeugnis“. Der Märtyrer bezeugt seinen unerschütterlichen Glauben dadurch, dass er im Extremfall sogar bereit ist, dafür sein Leben hinzugeben. Im Hinblick auf die Kirche meinen wir mit martyría aber die Aufgabe des Zeugnis-Gebens . So mahnt der 1. Petrusbrief: „Seid stets bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“ (1Petr 3,15) Seinen Jüngern soll Jesus befohlen haben, aus allen Völkern weitere Nachfolger zu rekrutieren, sie zu taufen und sie zu lehren, „was ich euch geboten habe“ (Mt 28,20). Das Zeugnis, das die Jünger Jesu abzulegen haben und das somit zur Aufgabe der Kirche wurde, dient also dem Zweck, Menschen in die Nachfolge Jesu zu rufen, seine Botschaft zu befolgen und diese weiterzugeben. Diese Nachfolge Jesu bezieht sich also auf die Botschaft und Person Jesu: auf das, was er predigte und lehrte und was er durch sein Handeln exemplifizierte und vorlebte. Wir nennen die Botschaft Jesu eine „gute Botschaft“ (griech. euaggélion = dt. „Evangelium“). Das Evangelium zu bezeugen und Menschen in die Nachfolge Jesu zu rufen , ist somit die erste und vorrangige Aufgabe der Kirche. Alle anderen Aufgaben sind als nachrangig zu betrachten und dieser Primäraufgabe unterzuordnen. Doch was war so besonders am Evangelium, um dessentwillen die Jünger des Herrn andere Menschen in die Nachfolge Jesu berufen sollten? Was war dies für eine gute Botschaft, für die sie notfalls zu sterben bereit waren? Was ist das für ein Evangelium, das die Kirchen noch heute zum zentralen Inhalt ihrer Verkündigung machen sollten? Legt man die von Jesus verkündigten Predigten und Erzählungen (Gleichnisse) und die von ihm berichteten Heilstaten zugrunde, so kann man von folgenden inhaltlichen Schwerpunkten ausgehen: Jesus engagierte sich für die Armen und Hungernden, die Blinden und Behinderten, die Beladenen und Bedürftigen, die Ausgegrenzten und Aussätzigen, die Leidenden und Trauernden und sprach ihnen das „Reich Gottes“ zu. Er setzte sich für Gerechtigkeit und ein friedvolles Miteinander ein, aber auch für Barmherzigkeit und Vergebung, Fairness und Freude. Er sprach sich gegen Habgier und Unzucht, gegen Lästerung und Alkoholsucht, gegen sexuelle Gewalt und einseitige Scheidungen, gegen Übervorteilung und religiöse Anmaßung aus. Unschuldige sollten nicht verurteilt, gefoltert oder gar hingerichtet werden. Zur Barmherzigkeit, die Jesus predigte, gehörte auch, denen die Schuld zu erlassen, die sie nicht begleichen können. Die Hungernden sollten gespeist werden, mit den Armen sollte man teilen, was man besaß. Jesus setzte sich auch für die Opfer von Gewalt ein und für die Gefängnisinsassen, und er sprach sich für Geschlechtergerechtigkeit und die Akzeptanz von religiösen und ethnischen Minderheiten aus. Denjenigen, die uns Böses antun und uns beleidigen, sollte man nicht mit gleicher Münze heimzahlen, sondern sie segnen und für sie beten. Der Teufelskreis von Rache und Vergeltung müsse unterbrochen werden. Den Kranken und Behinderten galt Jesu besondere Fürsorge, gerade auch den seelisch und psychisch Leidenden, die – in der Sprache seiner Zeit – von „Dämonen“ besessen schienen. Er wollte sie heilen. Diejenigen, die Gerechtigkeit und Barmherzigkeit übten, pries er selig. Die Friedfertigen und Sanftmütigen, die Verfolgten und Unterdrückten bezeichnete er als „Söhne Gottes“ (wir würden heute geschlechtsneutral von „Kindern Gottes“ sprechen). Jesus predigte diese Dinge nicht nur, er veranschaulichte sie auch in seinen zahlreichen Erzählungen, und er handelte selbst danach. Die Überzeugungen, die er predigte, schlugen sich auch in den Berichten über ihn und seinen Umgang mit seinen Mitmenschen nieder. Er lebte, was er predigte. Und er predigte, was er lebte. Er war sogar bereit, für seine Überzeugungen in den Tod zu gehen: lieber sterben als seine Überzeugungen verraten; lieber selbst Unrecht erleiden als selbst Unrecht tun. Selbst wenn man Unrecht erleidet, solle man sich darüber freuen, denn schon immer seien diejenigen geschmäht und verfolgt worden, die sich für Gerechtigkeit, Frieden und für die Ausgegrenzten einsetzten. [2] Alle die soeben als „Botschaft Jesu“ aufgelisteten Handlungsweisen der Gerechtigkeit und Fairness, der Hilfe für die Armen und Hungernden, für die körperlich und seelisch Kranken, für die Grundsätze der Vergebung, der Friedfertigkeit, des Friedens und der Freiheit, der Gewaltlosigkeit usw. möchte ich unter dem Wortpaar „Gerechtigkeit und Barmherzigkeit“ subsumieren. Gerechtigkeit sollte das Ziel fairen gesellschaftlichen Miteinanders sein. Aber weil Gerechtigkeit zuweilen auch grausam und inhuman sein kann, gehört die Barmherzigkeit unbedingt zum christlichen Leben hinzu, da diese über die bloße Gerechtigkeit hinausgeht und Vergebung mit einschließt. Jesu Botschaft von der umwandelnden Kraft Gottes zielte darauf ab, das Leben Einzelner und das Leben ganzer Gesellschaften zu transformieren. Jesu Botschaft für den Einzelnen lautete: Ein anderes Leben ist möglich! Du musst nicht in Sünde und Schuld verharren, nicht in Trauer und Traurigkeit verzweifeln, nicht in Gebundenheit und Gefangenschaft bleiben. Du bist angenommen – von Gott und von deinen Brüdern und Schwestern, die dich annehmen, wie du bist. Du darfst dich von selbstverschuldeter Angst und Scham befreien. Du bist ein Kind Gottes. Du kannst psychisch und körperlich gesund werden, wenn du nur glaubst und die Kraft Gottes für dein Leben in Anspruch nimmst. Die gute Botschaft war also zunächst eine Botschaft des Heils für den Einzelnen . Jesu Evangelium war aber auch eine Botschaft für die ganze Gesellschaft . Wo Ungerechtigkeit und Ungleichheit vorherrschen, wo Armut und Reichtum die Gesellschaft spalten, wo Diskriminierung und Ausgrenzung an der Tagesordnung sind, da gibt Jesus neue Hoffnung für eine Gesellschaft, in der Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten beseitigt werden, wo sich Menschen als gleichberechtigt anerkennen, wo Stände und Klassen der Vergangenheit angehören, wo Gerechtigkeit waltet. Hier lautete seine Maxime: Eine andere Welt ist möglich! Jesus visualisierte eine Gesellschaft, wie sie auch den alttestamentlichen Propheten vorschwebte, eine Gesellschaft, die sich der Armen, der Fremden, der Kranken und Behinderten annimmt und sie nicht ausgrenzt, sondern inte­griert und fördert. Es sollte eine Gesellschaft sein, in der die Kraft Gottes allenthalben wirksam werden würde, sodass man wahrhaft von einem „Reich Gottes“ sprechen könne. Das „Reich Gottes“ sollte eine Gesellschaft der Befreiten, der Erlösten sein. Die Geisteskraft Gottes sollte sich nicht nur im einzelnen Menschen zeigen, sondern in der gesamten Gesellschaft verbreiten und auswirken. Das Zeugnis (martyria), das die Kirche heute abzulegen hat Die Botschaft, welche die Kirche heute primär zu verkündigen hat, sollte in erster Linie jene Botschaft sein, wie Jesus selbst sie predigte, wie er sie lebte und für die er letztlich zu sterben bereit war. Es ist die Botschaft von der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes im Leben der Menschen, die das Ziel der menschlichen Existenz und der menschlichen Gesellschaft sein sollte. Es geht also um Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, um das Heil und Wohl der Menschen, um den Sinn und das Ziel des eigenen Lebens, um ein heilsames Leben im Verbund mit unsern Mitmenschen, ja mit der ganzen Gesellschaft und dem Ganzen der Wirklichkeit, es geht um ein Leben in Fülle und im Einklang mit allem. Die Aufgabe der Kirche sollte es darum an erster Stelle sein, die Handlungsmaximen der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zu bezeugen und pädagogisch zu vermitteln. Die Botschaft der Kirche ist die Botschaft Jesu.Darum wird Jesus sogar selbst zum wichtigen Teil­inhalt der kirchlichen Botschaft, da er als Übermittler seiner Botschaft auch beispielgebend ist für ein Leben im Einklang mit dieser Botschaft. Für diese Aufgabe der Kirche muss der Mensch ganz in den Mittelpunkt gerückt werden. Es geht nicht darum, die Menschen zu erziehen, damit sie den Maßstäben und Lehren der Kirche entsprechen; vielmehr sollte die Kirche den Bedürfnissen, Nöten, Fragen und Erfahrungen der Menschen entsprechen. Die Aufgabe der Kirche muss beim Menschen ansetzen. Nicht der Mensch ist für die Kirche da, sondern die Kirche muss für den Menschen da sein. Angesichts dieser zentralen Aufgabe ergibt sich aber die Frage, wie in Zukunft mit dem Lehrgebäude der Kirche umzugehen sei. Die Kirche hat sich bewusst zu machen, dass sich die kirchlichen Lehren dogmengeschichtlich entwickelt haben. Aus dieser Erkenntnis ist zu folgern, dass die kirchlichen Dogmen zeitbedingt sind und für die heutige Zeit ganz neu gedeutet werden müssen, will man ihre „Wahrheiten“ bewahren. Diesbezüglich hat die Kirche auch einen pädagogischen Auftrag zu erfüllen, damit heutige Christen das Gewordensein christlicher Lehren erkennen und entsprechend einzuordnen wissen. Das ist aber eine sekundäre Aufgabe, die vornehmlich den Sinn hat, das eigentliche, ursprüngliche Evangelium, wie Jesus es zu seiner Zeit predigte, immer wieder ins Bewusstsein zu bringen. Dieses ursprüngliche Evangelium zu bezeugen, ist also die erste und vorrangige Aufgabe der Kirche. Alle anderen Aufgaben sind dieser nachgeordnet. Diakonia Die Aufgabe der Kirche erschöpft sich nicht allein in der Verkündigung, im Zeugnisablegen, in der martyría . Gewiss, es geht wesentlich darum, Menschen Hoffnung zu verkündigen und Heil zu vermitteln. Aber die Kirche hat auch einen Auftrag zum ganz praktischen Dienst zu erfüllen. „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“, heißt es in Matthäus 25; ein Ausspruch, der sich auf den Dienst an den Kranken, Hungrigen, Dürstenden, Obdachlosen und Fremden bezieht. Jesu Aufruf zu Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Frieden, Freiheit usw. muss umgemünzt werden in den mitmenschlichen Dienst an notleidenden und in Unfreiheit lebenden Menschen. Viele Menschen leiden an äußeren und inneren Zwängen, die sie daran hindern, wirklich frei zu sein und die Fülle des Lebens zu erfahren. Die Kirche ist darum zum Dienst, zur diakonía , berufen; zum Dienst an den Menschen im Allgemeinen, aber vor allem zum Liebesdienst an den Schwachen, Armen, Ausgegrenzten, an den Kranken und Depressiven, den Blinden und Behinderten, den Gefangenen und Gefolterten, den Unterdrückten und zu Unrecht Leidenden, den Schuldbeladenen und Verurteilten, den Orientierungslosen und denen, deren Leben sinnlos erscheint. Jesus selbst verstand sich ja nicht nur als Prediger und Verkündiger, sondern auch – und in erster Linie – als Arzt und Heiler, als Seelsorger und Therapeut. Die Aufforderung an den Gichtkranken, „Steh auf, nimm dein Bett und geh heim!“ (Mk 2,11 par.), gehörte ebenso zum Repertoire seines Dienstes wie der Ausspruch: „Deine Sünden sind dir vergeben“ (Mk 2,5). Körperliche und seelische Heilungen wurden von ihm berichtet. Jesus wollte die Menschen an Leib und Seele heilen und zu einem friedlichen, heilsamen und befreienden Miteinander ermutigen. Mit seinem Gleichnis vom barmherzigen Samariter exemplifizierte Jesus diesen praktischen Dienst an in Not geratenen Menschen. Ist ein Mensch in einer Notlage, sollte ihm geholfen werden. Um es mit Jakobus zu sagen: „Wenn ein Bruder oder eine Schwester nackt ist und Mangel hat an täglicher Nahrung und jemand unter euch spricht zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was der Leib nötig hat – was hilft ihnen das?“ (Jak 2,15 f.) Dem Dienst an den Notleidenden gilt höchste Priorität. Wer meint, die kirchliche Aufgabe beschränke sich allein auf die Verkündigung, auf das Zeugnisablegen, hat das Evangelium, wie Jesus es predigte und praktizierte, nicht ganz verstanden. Das Evangelium ist nur dann eine gute Botschaft, wenn dem Wort die Tat folgt oder besser noch: wenn die Tat dem Wort vorausgeht. Jesu Seligpreisungen wie „Selig seid ihr, die ihr jetzt hungert“ oder „Selig seid ihr, die ihr jetzt weint“, wurden begleitet von dem Versprechen „denn ihr sollt satt werden“ und „denn ihr werdet lachen“. Auf die Ankündigung der „Glückseligkeit“ (griech. makários ) sollte die Verwirklichung der Ankündigung folgen. Was brauchen Menschen, um froh und glücklich zu werden? Antwort: die Zuwendung ihrer Mitmenschen! Die Hoffnung, die durch die Verkündigung geweckt wird, sollte nicht enttäuscht werden. Hoffnung ist nicht nur ein Wort; sie erwartet entsprechende Taten. Kirche soll Hoffnung geben . Wort und Tat gehören zusammen. Über viele Jahrhunderte haben Christen diesen engen Zusammenhang zwischen martyría und diakonía nicht ausreichend gewürdigt und verstanden, obwohl man aus dem Neuen Testament den Auftrag zur diakonía leicht herauslesen konnte. Als es unter den gläubigen Christen der frühen Gemeinde eine Unterversorgung von Witwen gab, beschlossen die Jünger, Diakone einzusetzen, die sich vorwiegend um das leibliche Wohl der notleidenden Gemeindeglieder kümmern sollten (Apg 6,1-7). Paulus zufolge kommt es auf den Glauben an, „der durch die Liebe tätig ist“ (Gal 5,6). In der Alten Kirche und im Mittelalter waren es vor allem die freien Orden, die sich dem Dienst an ihren bedürftigen Mitmenschen verschrieben. Für Martin Luther floss der Dienst am Nächsten aus dem Glauben an die Rechtfertigung (Vergebung): „Sieh, so fließt aus dem Glauben die Liebe und die Lust zu Gott und aus der Liebe ein freies, williges, fröhliches Leben, dem Nächsten umsonst zu dienen.“ [3] Auch der Pietismus des 17. bis 19. Jahrhunderts widmete sich den diakonischen Diensten (August Hermann Francke, Johann Friedrich Oberlin, Friedrich von Bodenschwingh u.a.). Mit der „Inneren Mission“ von Johann Hinrich Wichern hat die Evangelische Kirche des 19. Jahrhunderts diesen diakonischen Dienst in eine moderne Form gegossen. Daraus entstand das Diakonische Werk, dem katholischerseits die „Caritas“ entspricht. Diakonische und karitative Dienste gehören seither – zu Recht! – zum festen Bestandteil des kirchlichen Auftrags: Krankenhäuser, Behinderteneinrichtungen, Waisenheime, Stadtmissionen, Kindergärten, Senioren- und Pflegeheime, Katas­trophenhilfe, Entwicklungshilfe, Essen auf Rädern, therapeutische Beratungsstellen usw. Sie alle machen den diakonischen Dienst der Kirche(n) aus, ohne den Kirche nicht Kirche sein kann. Aber zum Dienst an den Menschen gehören nicht nur die diako­nischen Gesundheitsdienste, Pflegedienste, Erziehungsdienste usw., sondern auch das Nachdenken darüber, wie wir gesellschaftliche Strukturen und In­stitutionen schaffen können, die geeignet sind, systemische Armut und Ausgrenzung, Ungleichheit und Ungerechtigkeit zu mildern und zu verhindern. Dies erfordert mehr als karitative Einrichtungen. Nötig sind politisches Bewusstsein und gesellschaftliches Handeln. Es war erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts und dann verstärkt im 20. Jahrhundert, als die Kirchen erkannten, dass es nicht reicht, diakonische Dienste wie Blindenheime und Waisenheime zu betreiben. Es galt auch, ungerechte Strukturen, ungleiche Chancen und unterdrückerische Systeme auszugleichen und abzuschaffen. Es muss der kirchlichen Diakonie nicht nur um Almosen für die Armen und Unterdrückten zu tun sein, sondern auch um die Schaffung gerechter gesellschaftlicher Verhältnisse und um Chancengleichheit für alle. Das aber erfordert gesellschaftliches Engagement, politische Lobbyarbeit und sozialethisches Denken und Handeln. Die evangelische Sozialethik und die katholische Soziallehre dienen dem Zweck, nicht nur ein Bewusstsein für Strukturveränderungen zu schaffen, sondern diese mit allen der Kirche zur Verfügung stehenden ekklesiologischen, gesellschaftlichen und politischen Mitteln einzufordern und zu verwirklichen. Dabei muss die Kirche bei sich selbst beginnen, um in ihren eigenen Einrichtungen und Institutionen Gerechtigkeit und Chancengleichheit herzuzustellen. Sie wird sich aber auch – etwa durch Erklärungen und Denkschriften – an die Öffentlichkeit und an die Politik wenden, um zur Verwirklichung gerechter Verhältnisse zu ermutigen und zu ermahnen. Es muss der Kirche um die Vermenschlichung der ganzen Gesellschaft im Sinne des „Reiches Gottes“ gehen. Die christliche Hoffnung gilt nicht nur dem Einzelnen, sondern der Gesellschaft als Ganzes. Dass die Kirche hier allerdings nur eine unterstützende Rolle spielen kann, ist auch klar. Denn es gilt heute als die ureigene Aufgabe von Politik, sozialökonomische Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten durch entsprechende Gesetzgebungen und politisches Handeln auszumerzen. Kirchen können aber die ethischen Rahmenbedingungen abstecken und moralische Ziele vorgeben. Koinonia Christsein ist nur im Miteinander, nur in Gemeinschaft (griech. koinonía ) möglich. Mit dem griechischen Wort koinonía (lat. communio ) wurde die „Gemeinschaft“ der Nachfolger Jesu zum Ausdruck gebracht, von denen es hieß: „Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und Gebet.“ (Apg 2,42) Die Botschaft Jesu verband seine gläubigen Nachfolger zu einer Gemeinschaft des Betens und des Brotteilens. Diese koinonía bezog sich nicht nur auf die Gemeinschaft der Nachfolger Jesu miteinander und untereinander, sondern zugleich auch auf ihre geistige Verbundenheit mit Jesus Christus, ihrem Herrn (1Kor 1,9). Es war eine koinonía des Geistes (Phil 2,1) und eine „Gemeinschaft am Evangelium“ (Phil 1,5), aber auch eine „Gemeinschaft des Dienstes“ (einer koinonía der diakonía , siehe 2Kor 8,4). Das Verbindende dieser christlichen Gemeinschaft war das von Jesus verkündigte und von den Jüngern Jesu weitergetragene Evangelium von der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Es war darum eine Gemeinschaft des Heils und der Hoffnung (Röm 5,2-5; 8,24; 15,13). Die koinonía der Gläubigen war zugleich auch eine Teilhabe und „Gemeinschaft an den Leiden“ Jesu (Phil 3,10), denn auch die frühen Christen mussten – wie Paulus, Petrus und viele andere – wegen ihrer Überzeugungen großes Leid erdulden. Darum ist diese koinonía auch eine Gemeinschaft mit dem Blut und dem Leib Christi (1Kor 10,16). Die christliche koinonía ist eine Gemeinschaft mit Gott, mit Christus, mit den Apos­teln und mit allen Gläubigen (1Joh 1,3-7). Zwar wird sich die Kirche auch – wie oben unter diakonía gesehen – für das Wohl der ganzen Gesellschaft einsetzen: für Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, für Frieden und Freiheit, für das Wohlergehen aller Menschen. Aber die Kirche setzt sich zuerst einmal für die ein, die zur Gemeinschaft Jesu gehören; für die, die sich durch Jesus selbst beauftragt wissen, seine Botschaft in die Welt zu tragen, um die Welt besser zu machen. Dazu bedürfen sie der geistigen Zurüstung, der gegenseitigen Stärkung und Ermutigung und der Gemeinschaft miteinander und untereinander. Ohne Gemeinschaft kann es kein wirkliches Christsein geben. Ohne gemeinschaftliche Zurüstung kann die Botschaft Jesu, die ja die Botschaft der Kirche ist, nicht weitergetragen und weiterverbreitet werden. Das individuelle Ja für die Nachfolge Jesu verbleibt nicht im Privaten. Nachfolger Jesu kann man nicht im Alleingang sein, sondern nur in Gemeinschaft. Jesus war der Rabbi einer Jüngerschaft. Und die Jünger scharten weitere Jünger und Nachfolger um sich. Die koinonía ermutigt zur Nachfolge. Die Kirche will Menschen in die Nachfolge Jesu rufen, sie in ihrer Nachfolge (der Verkündigung und des Dienstes Jesu) bestärken und ihr dafür Kraft, Sinn und Ziel verleihen. Aber letztlich ist die koinonía nicht bloßer Selbstzweck, sondern dient dem größeren Ziel, die ganze Gesellschaft menschlicher, gemeinschaftlicher, brüderlicher, gerechter, barmherziger und liebevoller zu machen. Auch die koinonía zielt letztlich auf alle Menschen ab, für welche die Kirche da zu sein hat. Die koinonía ist gewiss eine der ureigensten Aufgaben der Kirche. Liturgia Zu den Aufgaben der Kirche gehört auch die Liturgie. Das Wort „Liturgie“ (griech. leiturgía , ausgesprochen: liturgía ) bezeichnet meist den gottesdienstlichen Ablauf in einem Tempel, einer Synagoge oder einer Kirche. Als der jüdische Priester Zacharias, Vater von Johannes dem Täufer, seinen Tempeldienst verrichtete, umschreibt Lukas diesen Priesterdienst mit dem Wort leiturgía (Lk 1,23). Der Tempeldienst des jüdischen Hohenpriesters in Jerusalem wurde ebenso mit dem Wort leiturgía belegt wie der symbolische Dienst Christi als Hoherpriester im himmlischen Heiligtum (Hebr 9,21 u. 8,6). Mit der Liturgie meinen wir heute die Gesamtheit eines Gottesdienstes, der unter der Leitung eines Priesters, Rabbiners oder Pfarrers vollzogen wird. Dieser Dienst umfasst das gesprochene Wort ebenso wie sämtliche Rituale und Zeremonien, die den Ablauf des Gottesdienstes ausmachen. Zu diesen Ritualen gehören Gebete, Lieder, Segnungen sowie auch die christliche Abendmahlsfeier (Eucharistie), bei der den Gläubigen Brot und Wein dargereicht werden, die für das Blut und den Leib Christi stehen und sich auf dessen Tod beziehen, mit dem er seine gute Hoffnungsbotschaft von der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit besiegelte . Indem er für diese Botschaft lieber den Tod zu erleiden bereit war, als ihre Wahrheit zu verleugnen, wurde seinem Leben und Wirken gleichsam das „Siegel der Propheten“ aufgesetzt, wie es einst der Kirchenvater Tertullian ausdrückte: „Und es offenbarte sich die ewige Gerechtigkeit, es wurde gesalbt der Heilige der Heiligen, d.i. Christus, es wurde versiegelt die Vision und Prophetie und nachgelassen die Sünden, welche durch den Glauben an den Namen Christi bei allen, die auf ihn vertrauen, abgewaschen werden. … Da also die Prophetie durch sein Erscheinen erfüllt wurde, deshalb ist der Ausdruck gebraucht, die Vision und Prophetie werde versiegelt, weil er selber gleichsam das Siegel der Propheten ist, indem er alles zur Erfüllung bringt, was sie früher … verkündigt hatten. “ [4] Die Eucharistiefeier steht für die Erfüllung der prophetischen Botschaft in Jesus Christus, aber auch für die Gemeinschaft derer, die sich im Rahmen der Liturgie unter dem Namen und Siegel Christi versammeln und zur Evangeliumsbotschaft Jesu von der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit bekennen. Liturgie und Rituale sollen diese Botschaft in Herz und Sinn der Gläubigen verankern. Spricht die Wortverkündigung vor allem den Geist und die Ratio an, so sollen die in der Verkündigung vermittelten Wahrheiten durch die Liturgie tief in die Seele, ins Gemüt und ins Herz der Gläubigen eingraviert werden, damit die jesuanische Botschaft so verinnerlicht wird, dass sie in Fleisch und Blut übergeht und im Alltag auch nach außen in die nichtkirchliche Welt hinausgetragen wird. Zur christlichen Liturgie gehören nicht nur die Sonntagsgottesdienste, sondern auch solche liturgischen Dienste und Kasualien wie Taufe, Heirat oder Beerdigung, die der religiös-rituellen Begleitung bedürfen. Diese Dienste sind Knotenpunkte des menschlichen Lebens, an denen sich die Gläubigen ihrer Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft und kirchlichen Beauftragung vergewissern. Bei diesen Diensten wird es in Zukunft aber nicht bleiben dürfen. Der Religionspädagoge Joachim Kunstmann hat beklagt, dass die derzeitige Krise der Kirche sich so sehr zugespitzt hat, dass man von einem Sinken des Kirchenschiffes sprechen kann. Dies sei die Folge einer misslungenen Transformation der Kirche, um den Bedürfnissen des modernen Menschen zu entsprechen. [5] Die Kirche habe sich zu sehr als Selbstzweck verstanden, statt sich im Dienst am Menschen zu verstehen. Die heutige Kirche sei immer noch rückwärtsorientiert und entspräche nicht den Erfordernissen der Moderne. „So kommt es, dass auf dem sinkenden Schiff niemand an eine Generalsanierung denkt, oder daran, einen Hafen aufzusuchen, oder wenigstens einmal die Boote ins Wasser zu lassen“, die Rettung versprechen könnten. [6] Der Kirche dürfe es nicht um sich selbst, um ihre Lehre oder ihre Ethik gehen. Es dürfe nur um den Menschen gehen. Es müsse um Themen gehen wie: Angst und Vertrauen, Arbeit und Muße, Sucht und Maß, um das, was den Menschen zum Menschen macht, um Freiheit und Verantwortung, Freude und Lebenslust, Freundschaft und Glück, Gefühle und Affekte, Heil und Heilung, Identität und Heimat, Fremdheit und Toleranz, Leid und Liebe, Macht und Ohnmacht, um Mystik und Mythos, Sinn des Lebens und Spiritualität, Vernunft und Wahrheit usw. – Um all diesen menschlichen Bedürfnissen und Suchbewegungen zu entsprechen, bedarf es neuer Beiboote der diakonía , der koinonía und der leiturgía , mittels derer es gilt, die heutigen Menschen zu erreichen. Letztlich müsse es aber um eine Generalsanierung der ganzen Kirche, des ganzen Kirchenschiffes, gehen. Wie die koinonía ist auch die leiturgía nicht Selbstzweck, sondern dient letztlich dem höheren Ziel, die Botschaft von der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit als martyría zu verkündigen und in der diakonía umzusetzen, damit die Menschen und die Welt im Sinne des jesuanischen Evangeliums verändert und verwandelt werden. Diese vier Grunddienste (oder Grundzüge) der Kirche sind ­hehre Aufgaben, die immer wieder im kirchlichen Alltag in handfeste Dienstleistungen heruntergebrochen werden sollten. Die nachfolgende Liste (die nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt) soll die oben bereits ausgeführten Dienste ergänzen bzw. konkretisieren: Konkrete Aufgaben der Kirche Die Botschaft Jesu in ihren vielfältigen Einzelaspekten verkündigen: Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Frie­den, Freiheit, Fairness, Solidarität usw.; Körperliche und seelische Heilung fördern; Die Bedürfnisse der Menschen wahrnehmen und einschlägige Angebote offerieren; Über eine gesunde Lebenseinstel­lung aufklären und wie man persönliches Glück erfahren kann; Ein auf der Botschaft Jesu basierendes ethisches Wertesystem propagieren und ethische Leitlinien vermitteln; Über den Sinn der menschlichen Existenz nachdenken und Lebenssinn vermitteln; Ein christliches Identitätsverständnis stiften; Die Bildung der Bevölkerung im Allgemeinen und der Kirchenmitglieder im Besonderen fördern; Die Bibel im Sinne Jesu auslegen und den Wert biblischer Texte vermitteln; Ein Verständnis von Dogmatik und dogmatischer Entwicklung vermitteln, um deren Stellenwert besser einordnen zu können; Kirchengeschichte, Kirchenkunde und Religionskunde vermitteln; Verständnis für ein modernes Verhältnis von Glauben und Wissenschaft vermitteln; Sich für die Aussöhnung unter den Religionen einsetzen: Gemeinsamkeiten hervorheben und Unterschiede im Dialog herausarbeiten; Über politische Kultur und De­mo­kratieverständnis nachdenken und politische Verantwortung aus dem Bewusstsein christlicher Voraussetzungen vermitteln; Gesellschaftliche Identitäten würdigen und für Annäherungen sorgen; Ein Bewusstsein für Gleichheit, Gleichberechtigung, Integration, Freiheit, Frieden usw. schaffen und sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen; Junge Menschen auf den Ehestand und die Kindererziehung vorbereiten; Eheberatung und Erziehungsberatung anbieten; Über den Umgang mit dem Sterben und dem Tod aufklären; Über den Umgang mit Leid, Unglück und Verlust aufklären; Über das Prinzip Hoffnung in allen seinen Facetten nachdenken; Über Lebensziele und Berufs­chancen aufklären; Über Umweltschutz, Tierschutz und Klimaschutz aufklären; Über den Nord-Süd-Konflikt und die Entwicklungszusammenarbeit informieren und für die Förderung der Armen und Benachteiligten eintreten; Über die Bedeutung von Ritual, Kultus und Liturgie aufklären; Über christliche Symbolik und ihre Bedeutung und Funktion aufklären; Musik im Allgemeinen und Kirchenmusik im Besonderen pflegen. Schluss Der Kirche wird es vor allem um die Verkündigung und die praktische Anwendung desjenigen Evangeliums gehen müssen, das Jesus selbst gepredigt und gelebt hat. Gegenstand der kirchlichen Botschaft muss also das Evangelium von Jesus Christus in seiner bib­lischen Bezeugung sein. Obwohl die Kirche die Vision von einer gerechteren Welt („Reich Gottes“) vor Augen hat und allen Menschen ein Sinnangebot machen will, zielt die Evangeliumsverkündigung und die damit verbundene diakonische Hinwendung vor allem auf die Armen und Ausgegrenzten, die Bedürftigen und Behinderten sowie auf alle diejenigen ab, die an Leib oder Seele leiden und gesunden möchten. Insgesamt hat sich die Kirche als eine Glaubens-, Hoffnungs- und Handlungsgemeinschaft in dieser Welt zu bewähren. Die Kirche wird sich als Katalysator für die Verwirklichung des Gottesreiches in dieser Welt verstehen, um den göttlichen Prinzipien der Liebe und Gerechtigkeit, der Freiheit und des Friedens, der Menschlichkeit und Uneigennützigkeit zum Durchbruch zu verhelfen. □ [1] Siehe Artikel „Kirche“ in: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, WBG: Darmstadt 2012, Bd. VI, S. 474; vgl. auch den Artikel „church” in: Online Etymology Dictionary (Stand 2.5.2021). [2] Biblische Hinweise für diese Reich-Gottes-Prinzipien finden wir u.a. hier: Mt 6,33; Röm 14,17 (Gerechtigkeit); 1Kor 6,9 f. (Ungerechtigkeit, Unzucht, Ehebruch, sexuelle Gewalt, Habgier, Alkoholsucht etc.); Lk 12,13-21 (Habgier); Lk 4,18 f. (Freiheit); Mt 7,12; Mt 20,1-16; Lk 3,13 f.; Lk 6,38 (Fairness); Lk 12,58 f. (friedliche Konfliktlösungen); Mt 5,44-48; Lk 6,27-35 (Friedfertigkeit, Feindesliebe); Mt 23,23; Mt 18,23-34; Lk 17,3 (Barmherzigkeit und Vergebung); Apg 6,1-3 (Armenfürsorge); Apg 11,27-30 (Nothilfe). [3] Martin Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen, Kap. 26 (zu Gal 5,6). [4] Tertullian, Adversus Iudaeos – Gegen die Juden, Lateinisch-Deutsch (Fontes Christiani, Bd. 75), Turnhout 2007, Kap. 8 (Hervorhebung durch mich). [5] Vgl.: http://www.joachim-kunstmann.de/veroeffentlichungen/kirchen-krise (abgerufen am 5.11.2023). [6] Ebd.
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