Gemäß dem vom Netzwerk Reform des Christentums verabschiedeten „Göttinger Manifest 2024“ gilt als Spezifikum des Christentums „die Orientierung an Jesu Lehre und Praxis des Reiches Gottes“. Jesus hat immer wieder vom Reich Gottes gepredigt und dieses in seinen Handlungen exemplifiziert. Doch was ist unter diesem „Reich Gottes“ zu verstehen? Einige Vertreter des Netzwerks haben sich am 12. September 2024 mit dieser Frage befasst und das folgende Statement dazu formuliert:
- Das Reich Gottes ist keine Beschreibung objektivierbarer Verhältnisse, so dass man sagen könnte: Hier oder da ist das Reich Gottes.
- Das Reich Gottes ist vielmehr eine spezifische Sicht- oder Wahrnehmungsweise der Welt. Teilhabe am Reich Gottes bedeutet, eine intensive Verbundenheit mit der ganzen Welt zu empfinden und sich selbst zu erleben als Teil dieses großen Ganzen. Die Mitmenschen sind in dieser Sichtweise nicht mehr Konkurrenten, sondern Geschwister, die Natur nicht mehr Verfügungsmasse, sondern kostbare Lebensgrundlage. Ausdruck der wahrgenommenen Fülle und des erlebten Einklangs sind gesteigerte Lebensfreude und Lebensgenuss.
- Das Reich Gottes ist zugleich eine spezifische Existenz- und Handlungsweise. Teilhabe am Reich Gottes heißt nicht nur, sich selbst neu wahrzunehmen und sich freizumachen von dem Drang, immer mehr besitzen zu wollen. Sie bedeutet auch, mit den Mitmenschen und mit der Natur achtsam und respektvoll umzugehen.
- Teilhabe am Reich Gottes bedeutet darüber hinaus, Schmerz zu empfinden über ungerechte, prekäre und zerstörerische Lebensverhältnisse und sich politisch-gesellschaftlich einzusetzen für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.
- Die Begrifflichkeit "Reich Gottes" ist ein Hinweis darauf, dass Jesu Wahrnehmungs- und Existenzweise Ausdruck einer religiösen Tiefenerfahrung ist.
